Zwischenmenschliche Beziehung

Bronze, 1997, 202 cm

Menschen sind getrennt und Menschen sind verbunden. Wer durch Familienbande geeint ist, kann jedoch sehr getrennt sein. Und wer durch Landesgrenzen oder ganz natürliche Entfernung auseinander ist, kann doch sehr verbunden sein. Trennung und Verbindung sind, wenn es um Menschen geht, weniger objektiv und mehr subjektiv.

Die Bronzeskulptur „Zwischenmenschliche Beziehung“ von Erich Sauer vereint beides, Trennung und Verbindung. Um mit dem Landsmann Sauers, Carl Zuckmayer, zu sprechen: „als wär’s ein Stück von mir“. 

Das erste, was an dieser Skulptur auffällt, ist die Wand, die zwischen dem Körper steht. Sie ist zwar dünnwandig, stellt aber doch ein unüberwindbares Hindernis dar. Von vorne gesehen vermittelt sie den Eindruck, dass es sich um einen Menschen handelt, der zerschnitten ist.

Bei genauerem Hinsehen erfährt man: Es sind zwei Hälften von Menschen, die nicht zusammengehören. Geht man um die Skulptur herum und betrachtet sie von der Seite, wird die ganze Hilflosigkeit, die Einsamkeit mit aller Deutlichkeit sichtbar.

Die Trennung und das versetzt Stehende macht sichtbar, dass die Menschen zu weit gegangen sind und selbst wenn es ein Mensch wäre, durch die trennende Wand ist eine unüberwindbare Distanz aufgekommen. Durch die fast gleichen Seiten strahlt die Skulptur aber auch Ruhe und die Botschaft aus, dass eine Beziehung doch möglich ist.

Diese Bronzeskulptur entstand nach einem Israel-Besuch Sauers. Sie wurde im Jahr 2000 im Jerusalem-Theater in Israel ausgestellt. Welches Bildnis könnte besser die gesellschaftliche, religiöse und politische Wirklichkeit Jerusalems darstellen: Getrennt und doch verbunden, verbunden und doch getrennt.

Abgeschottet, jeder für sich allein, doch untrennbar miteinander verwachsen. Und doch erwächst die Hoffnung, dass Zwischenmenschlichkeit und Liebe die trennende Wand zum Schmelzen bringen.

Daraus entsteht die Botschaft: Was zusammengehört, kann nicht getrennt werden, und auf Dauer überwiegt das Verbindende, das Trennung überwindet.

Dr. Johannes Gerster
Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Israel Jerusalem